Analoger geht’s nicht – White Table II
Mittwoch, 27. Oktober 2010 17:56
Vier Gäste, zwei Köche, sechs Gänge.
Amuse Gueule, Suppe, Fischgang, Fleischgang, Käse, Dessert.
Eine simple Speisenfolge, ein großartiges Dinner.
Endlich konnten wir gemeinsam kochen, ohne virtuelle Wege zum Austausch zu nutzen, konnten übers Zwiebelhacken und Brunoise herstellen fachsimpeln, uns kritisieren und loben, uns anschreien und danach kaputtlachen und während des Kochens mit lecker kühlem Kölsch anstoßen. Herrlich!
Gute drei Stunden Vorbereitungszeit blieben für die Hauptgänge und schon kamen die Gäste. Nach dem Anstoßen mit Crémant gab es zuerst
AMUSE GUEULE
Törtchen gefüllt mit Kürbiscreme – diese aufgepeppt mit einer roten Bete, die sich in meinen Kühlschrank verirrt hatte – habe ich angelehnt an dieses Rezept zubereitet. Einige Salbeiblätter, in Streifen geschnitten und kurz in Olivenöl frittiert und eine hauchdünne Scheibe Prosciutto Emigliano von meinem italienischen Lieblingsdeli rundeten das Häppchen ab und machten Lust auf mehr.
SUPPE
Für die Suppe mussten braune Champignons ihre Köpfe hinhalten. Diese kamen zu farblos angeschwitzten Zwiebeln in einen Topf, wurden mit Hühnerbrühe aufgegossen, später dann püriert, mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abgeschmeckt und mit süßer Sahne verfeinert. Zur Dekoration und für noch mehr Geschmack kamen hauchdünn gehobelte Champignonscheiben, Maronenscheiben und frischer Schnittlauch auf jeden Teller.
FISCH MIT SALAT oder SALAT MIT FISCH
Dem frischen Frisée-Salat stand nahezu die gleiche Menge frischer Fisch gegenüber, so dass der Titel dieses Gangs eine reine Standortfrage ist. Als verbindendes Element fungierte eine Vinaigrette auf Basis eines mit gemörserten Lavendelblüten aromatisierten Honigs, der zwar nicht wirklich nach Lavendel, aber dennoch wunderbar schmeckte. Doradenfilets wurden in Olivenöl hauptsächlich auf der Hautseite angebraten und neben dem Salat platziert. Deinen Vorschlag, etwas von der Vinaigrette auch auf den Fisch zu geben, fand ich sehr gewagt, aber es passte sehr gut zusammen. Und so bildeten der butterzarte Frisée, die Süße des Dressings und der herzhafte Fisch eine perfekte Geschmackseinheit.
FLEISCHGANG
Quasi der Hauptgang dieses wunderbare Dinners. Als erster Arbeitsschritt der „warmen Gerichte“ wurde das argentinische Roastbeef gesalzen und gepfeffert und dann rundherum scharf in Butterschmalz angebraten. Dann kam das Fleisch für die nächsten knapp vier Stunden (!) bei 80° C in einer gebutterten Form in den Ofen und durfte sich solange entspannen, zart werden und rosa bleiben.
Als Sauce hatten wir gleich zwei Varianten ausgewählt: eine experimentelle und eine sichere. Die experimentelle, eine Estragonsauce nach dem Vorbild des Pariser Restaurants „Relais de Venise“, ging gründlich in die Hose. Und dies, obwohl wir uns nah an die Rezeptvorlage eines Reiseführers hielten, dessen Redaktion sich daran gemacht hatte, das Geheimnis dieser legendären Sauce zu lüften. Vielleicht lag es an der Verwendung von (zu viel?) getrocknetem Estragon. Die Sauce jedenfalls war zwar schön grün, dafür aber auch ganz schön bitter.
Zeit also für Saucen-Plan B: 1 kleinstgeschnittene Zwiebel in Butterschmalz anschwitzen, mit Brandy ablöschen, 2 EL Senf einrühren, nach und nach ca. 200 ml Brühe und 200 ml Sahne zugießen und einköcheln lassen. Mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken. Und, ganz wichtig als großes Finale: den beim Aufschneiden des Fleisches anfallenden Saft natürlich nicht weg-, sondern in den Topf zur Sauce gießen!
Für das begleitende Kartoffel-Sellerie-Püree wurde die gleiche Menge Kartoffeln und Sellerieknolle in Salzwasser weiß gekocht, ausgedämpft und durchgepreßt. Sahne, Muskat, ordentlich Butter und ein wenig Salz dienten hier als Geschmacksvollender.
Die zweite Beilage zum Hauptgang waren glasierte Möhrchen. Diese wurden in Stifte geschnitten, zu sanft angeschwitzten Zwiebeln in einen Topf gegeben und mit 2 TL Zucker bestreut. Den Zucker etwas karamellisieren lassen, mit Hühnerbrühe ablöschen und die Flüssigkeit soweit verkochen lassen, bis die Möhrchen von einer schmackhaften Glasur überzogen sind. Optional können hier auch noch ein Schuß süßer Sahne und wenig Salz den Geschmack abrunden. Mit gehackten Blättchen von glatter Petersilie dekoriert sahen die Möhren so ansprechend wie lecker aus.
KÄSEAUSWAHL
Mhm, war der Käse gut! Suferser Ziegenkäse, Meule de Savoie, Pecorino mit Pfeffer und Brie de Meaux, dazu kräftiges Roggenbrot und leichtes Ciabatta, ein Genuss! Erstaunlich, dass immer noch etwas in unsere Mägen passte…
DESSERT
Der Abschluss unseres Menüs: Birnencrumble mit selbstgemachtem Vanilleeis. Mangels Eismaschine war das in der Konsistenz nicht optimal gelungen, durch die Zutaten Vollmilch, Eigelb und Mark aus vier Vanilleschoten aber auch als angefrorene Sauce sehr lecker. Stücke von Conférence-Birnen, übergossen mit etwas Karamellsirup und mit Mürbestreusel bedeckt, waren die süße Unterlage hierfür.
Danach ging nur noch Averna.
Das war ein wunderbarer Abend und ich freue mich schon sehr auf das nächste Mal, vielleicht im März? Danke fürs echte Analog-Kochen, es hat mir maßlos viel Spaß gemacht! Und ein Dank an unsere Gäste Anna, Edda, Frank und Hans. Eure zahlreichen „Mmmmhms“ und „Ist das lecker!“ waren uns eine große Freude.
Thema: Analoge Küche | Kommentare deaktiviert für Analoger geht’s nicht – White Table II | Autor: Andrea