Chicorée mit Schinkenmantel – très chic!

Samstag, 10. Oktober 2020 15:23

Liebe Andrea,

Wenn der Himmel sich in Wolken hüllt und die Tage im Dauerregen nur so dahinfließen, dann ist man mitten im Herbst von seiner trübsten Seite angekommen. Aber kein Grund, seine Gedanken „dem da draußen“ anzupassen, sondern von innen heraus dagegen anzugehen. Zeit also für jahreszeitlich bedingtes und beeinflusstes Soulfood!

Ich habe die Gunst der Stunde genutzt und uns einen großen Klassiker fürchterlichster Kindheitserinnerungen auf den Esstisch gestellt. Denn

Gratinierter Chicorée

zählt doch für recht wenige Menschen, klein wie groß, zu den wirklichen Must-Haves beim Abendessen. Auch meine Erinnerungen an das Bittergemüse lagen tendentiell im Bereich von Ohrenschmalz. Aber früher war so viel mehr bitter und zugleich ungenießbar, was später seinen Schrecken verloren hat. Also: ran an das Gemüse!

Ich hatte einen kinderfreien Abend ausgewählt (wir hätten „das“ sowieso nur zu zweit gegessen) und pro Person 2 Chicorée eingeplant. Diese habe ich kurz gewaschen, abgetrocknet und den hinteren Strunk keilförmig so herausgeschnitten, dass die Blätter noch zusammenhielten. In einer Pfanne liess ich 2 EL Butter aufschäumen, legte die Chicoréeblüten hinein und den Deckel auf. Bei niedrigster Hitze liess ich den Chicorée nun für knapp 20 Minuten sanft dünsten.

Derweil zerliess ich in einem anderen Topf 1 EL Butter und rührte mit dem Schneebesen 1 EL Mehl dazu. Bevor die Mehlschwitze Farbe annehmen konnte goss ich 1/2 l Milch an und kochte alles unter Rühren einmal auf. Die nun entstandene Béchamelsauce würzte ich mit reichlich Muskatabrieb, Salz und weißem Pfeffer, final rührte ich noch 50 g Bergkäse (frisch gerieben) dazu.

Die zwischenzeitlich einmal gewendeten Chicoréeblüten waren nun auch fertig. Ich nahm sie aus der Pfanne, wickelte jede Blüte in eine Scheibe gekochten Schinken und platzierte diese Röllchen in einer Auflaufform. Die Béchamelsauce goss ich darüber und bestreute alle generös mit weiterem frischgeriebenen 30 g Bergkäse.

Dann wanderte der Chicorée zum Backen und Gratinieren für 15 Minuten in den auf 250° C vorgeheizten Ofen. Das gold-braune Gratin-Ergebnis servierte ich zusammen mit frisch gekochten Salzkartoffeln und einem kühlen Bier – wenn schon Bitterstoffe, dann auch beim Getränk.
Hätte ich vor einem Spiegel gegessen, hätte ich einen kleinen Jungen gesehen, der den ersten Bissen zaghaft in den Mund nimmt und diesen dann leicht indigniert herunterschluckt. Mit jedem Bissen jedoch wurde ich älter, gewöhnte mich an die am Ende aparte Bitternote und wusste dann wirklich nicht mehr, was mich so lange davon abgehalten hat, auch für mich einmal Chicorée als pures Soulfood zuzubereiten.

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Datum: Samstag, 10. Oktober 2020 15:23
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