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Gans leckerer Weihnachtsbraten

Sonntag, 30. Dezember 2018 18:54

Liebe Andrea,

in diesem Jahr durfte ich mich zum ersten Mal am weihnachtlichen Familien-Gänsebraten versuchen. Und ich ging mit einer gehörigen Portion Demut an diese Aufgabe. All die zurückliegenden Jahre waren wir immer zum Gans-Essen eingeladen. Und egal wo, das eine war allen Gans-Essen gleich: Die Gänsebräter klagten nahezu unisono ihr Leid ob der schwierigen und zeitaufwendigen Arbeit, um eine Gans in einen leckeren Braten zu verwandeln. Nun also ich. Aber was soll ich sagen!? Zumindest habe ich das Braten einer Gans für mich entmystifiziert. Alles halb so schlimm!

Hier nun also mein Erfahrungsbericht, wie ich die

Weihnachtsgans

im einzelnen zubereitete. Bei dem Ausgangsmaterial griff ich auf TK-Ware polnischer Provenienz zurück. Die 4,4 kg Hafermastgans sollte am Ende für sechs Personen genügen. Die Gans, das Wetter spielte mir hier in die Karten, ließ ich knapp 36 Stunden auf dem Balkon auftauen.

Nachdem ich die Gans gewaschen, abgetrocknet und die äußeren Flügelspitzen abgeschnitten hatte, rieb ich sie innen und außen mit Meersalz ein. In das Innere stopfte ich 3 Boskoopäpfel, 2 Lauchstangen sowie 3 Stiele Beifuß. Die Äpfel hatte ich vorher geschält, entkernt und in Viertel geschnitten, den Lauch in Scheiben geteilt. Ich verschloss die Gans mit Zahnstochern, rieb sie außenrum großzügig mit getrocknetem Majoran ein und umwickelte den Braten fest mit Küchengarn, so dass Flügel und Keulen eng am restlichen Gänsekorpus anlagen.

Dann setzte ich die Gans mit der Brust nach oben in einer Reine auf ein Bett aus 1 Lauchstange, 2 Karotten, 1/2 Sellerieknolle, 3 Zwiebeln und 1 Knoblauchzehe, alles jeweils grob zerkleinert, goss heißes Wasser dazu (knapp 1,5 Liter, das Gemüse soll komplett bedeckt sein) und schob den Gänsebraten in den auf 150° C vorgeheizten Ofen.

Und dort ließ ch die Gans die nächsten drei Stunden vor sich hinschmoren. Natürlich stieg durch das herauslaufende Fett der Pegel in der Reine stetig und kritisch an. Mit einer großen Spritze – die größte, die es im freien Apothekenhandel zu erwerben gibt – saugte ich immer wieder Flüssigkeit aus der Reine und füllte diese in einen hohen Messbecher.

Jetzt kam ein Besonderheit meiner ersten Gans: Denn diese sollte erst am Folgetag serviert werden. Somit holte ich die Gans nach drei Stunden aus dem Ofen, ließ sie abkühlen und stellte sie danach mit Frischhaltefolie abgedeckt kalt.

Am Tag darauf drehte ich die Gans auf die Brust und liess nun die vorherige Unterseite des Bratens bei knapp 160° C eine Stunde lang Farbe annehmen. Dann holte ich den Gänsebraten aus dem Ofen und teilte diesen mit einem scharfen Messer und der Geflügelschere in seine Einzelteile (also zwei Schlegel, vier Bruststücke, zwei Flügel und Kleinteile aus dem Rückenbereich).

Diese Gänseteile hielt ich bei knapp 90° C im Ofen auf dem Gitter der entleerten Reine warm. Die Haut war nahezu überall knusprig; sonst hätte ich diese nochmals mit einer Salz-Wasser-Lösung eingepinselt, aber das war hier gar nicht vonnöten.



Zwischenzeitlich hatte ich Rotkraut und Knödel aufgesetzt (hier griff ich auf Glas- und Fertigkloßteigware zurück). Die fettreduzierte Sauce – dem abgeschöpften Teil vom Vortag liess sich das oben liegende Fett prima entnehmen, beim neuen, flüssigen Saucenteil half mir eine Fett-Trenn-Kanne – kochte ich bei großer Hitze auf und band die Flüssigkeit mit ein wenig Mehlbutter (Verhältnis 1:1) ab.

Dann ging alles sehr, sehr schnell, zu schnell. Schließlich warteten ja so einige hungrige Familienmitglieder auf ihren Weihnachtsbraten. Und so kam es, dass mir die Gans doch tatsächlich ohne ein Finalfoto auf den Esstisch verschwand. Ein Fauxpas, den ich erst beim Sauberwischen meines Tellers mit dem letzten Stück Kloßteig bemerkte.

Aber da ich jetzt ja weiß, dass der Gänsebraten kein Hexenwerk ist, wird es demnächst mal wieder Gans bei uns geben. Und dann an dieser Stelle auch das Bild eines knusprigen, verzehrfertigen Gänsebratens.

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Da steht kein Pferd auf dem Flur

Sonntag, 27. November 2011 17:20

Liebe Andrea,

Rheinischer Sauerbraten gehört definitiv zu den prägenden Erinnerungen meiner Kindheit: Fleisch, was so gar nicht schmeckt wie sonst, süße Rosinen in der sauren Sauce, das etwas verruchte Pferdefleisch aus dem Originalrezept… Auch erinnere ich mich an den (einzigen?) Pferdemetzger in der Kölner Südstadt, der versteckt in einer kleiner Seitenstraße zur nahen Severinskirche seinen Geschäften nachging.

So sehr es mich auch gereizt hätte, zum ersten Mal ein Stück Pferd in die Pfanne zu hauen, habe ich für mich bei meinen ersten Sauerbraten für Rindfleisch entschieden. Dabei lautet doch eigentlich mein Credo, dass die mir liebsten Aggregatzustände eines Pferdes alle mit “S” beginnen: Schuhe, Seife, Salami und eben Sauerbraten. Da ich den Analogen Braten gleich für eine große Gästeschar (12 Personen) kochte, fielen die Vorbereitungen für

Viel Rheinischer Sauerbraten

üppiger aus, als für ein 4-Personen-Rezept: Gleich zwei unterschiedliche Stücke vom Rind, einmal ein Schildstück und einmal ein Stück aus der Rose, brachten ca. 3,5 Kilo Grundzutat auf die Waage. Gottlob passte alles zusammen mit der Marinierflüssigkeit so gerade in meinen Bräter.

Für die Marinade kochte ich 500 ml Rotweinessig mit 2 l Wasser auf. Gewürzt habe ich den Sud mit 18 Nelken, 1 EL Pimentkörnern, 1 EL schwarzen Pfefferkörnern, 1 EL Senfkörnern, 1 EL zerdrückten Wacholderbeeren. Nachdem alles zusammen einmal aufgekocht war, überschüttete ich das Fleisch restlos mit der heißen Flüssigkeit, auf das sich die Poren schließen und ich den gedeckelten Topf für 4 Tage auf den Balkon stellen konnte.

Am Tag der Zubereitung nahm ich das Fleisch aus der Marinade, tupfte es mit einem Küchentuch trocken und erhitzte im ebenfalls trockengewischten Bräter 3 EL Gänseschmalz (die Marinade hatte ich erst einmal in einer Schüssel zwischengelagert). Nach dem portionsweisen Rundherumanbraten beider Fleischstücke kam Röstgemüse in groben Würfeln ins Bratfett: 3 Karotten, ½ Sellerieknolle, 3 Zwiebeln, 3 Lauchstangen, 2 Petersilienwurzeln. Nachdem alles unter Zugabe eines weiteren EL Schmalz rundherum angeschwitzt war, kam nach dem ordentlichen Salzen der erste Fleischgang obenauf und die komplette Marinerflüssigkeit zusammen mit 1 Flasche Rotwein (kräftig) hinterher. Nach ca. 3 Stunden Garzeit auf kleiner Flamme kam das nächste Stück an die Reihe, das erste lagerte in der Zwischenzeit in einer Reine und wartete auf weitere Aufgaben.

Nachdem auch das zweite Stück Braten quasi mit dem Löffel essbar war, rückte ich der Sauce auf den Leib. Zuerst schüttete ich die Sauce durch ein Sieb und strich das weichgekochte Gemüse durch. Danach war erst einmal war Entfetten angesagt, dabei leistete mir meine Fett-Mager-Sauciere große Dienste. Während die Sauce nun bei hoher Hitze aufwallte und sich reduzierte, band ich diese mit ordentlich Mehlbutter ab. Mehlbutter, Verhältnis Butter-Mehl ca. 1:2, verleiht jeder Sauce neben der Bindung auch einen wunderbaren Glanz. Von der Marinade hatte ich schon frühzeitig ein wenig mit Sultaninen beiseite gestellt, die nun mit in die Sauce kamen. Zum finalen Abschmecken griff ich zu einer weiteren rheinischen Spezialität: Zuckerrübensirup. 4 EL davon und ein wenig Meersalz halfen mir dabei, der Sauce die geschmackliche Balance zu verleihen.



Das begleitende Rotkraut (2,4 kg!) kam aus einer (!) Dose, für die Knödel gibt es hier in Bayern Fertigmischungen, die nur noch in Form gebracht und in Salzwasser fertiggegart werden müssen. Mit dem elektrischen Messer und nicht mit einem Löffel in präsentable Form gebracht, kam das Fleisch dann auf den Tisch. Das Schildstück sagte mir von der kompakten Form her mehr zu, geschmeckt haben beide Braten. Sauer und ein wenig nach Heimat und Kindheit.

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