Alles andere als miese Muscheln

Sonntag, 21. November 2010 22:34

Liebe Andrea,

sie sind belgisches Nationalgericht und erfreuen sich im Pariser Nachtleben einer enormen Beliebtheit: Moules frites, Miesmuscheln mit Pommes. Allerdings schaffen es die französischen Hauptstadtbistros zuweilen, die Muscheln maximal in Pfefferwasser zu kochen und die Pommes so zu produzieren, dass sich ein waagerecht in die Luft gehaltenes Exemplar am freien Ende lust- und kraftlos der Schwerkraft beugt. Als gebürtiger Kölner kenne ich aus (nahezu) allen Brauereien die kutterfrischen Muscheln von Herrn Neukirchen und schätze als Beilage neben Bier allemal frisches Schwarzbrot mit Butter und Schnittlauch. Auch wenn der Name Miesmuschel negative Assoziationen wecken mag – das niederdeutsche Wort „Moos“ zeichnet hier für den Namen verantwortlich – schießt die italienische Bezeichnung immer noch den Vogel ab. Dort heißen die Muscheln schließlich „Cozze“…

Die

Muscheln auf Rheinische Art

werden jedoch nicht in Bier, sondern in Weißwein gegart. Zuvorderst wird Wurzelgemüse nach Wahl zerkleinert. Ich habe 2 Karotten und ½ Knollensellerie gewürfelt, 2 Stangen Lauch und 1 Gemüsezwiebel in Streifen geschnitten und alles mit 4 EL Olivenöl in einem hohen Topf angeschwitzt. Die Muscheln verlese ich, je weiter von der Küste entfernt ich sie bekomme, immer sehr genau unter fließendem kalten Wasser. Die mittlerweile überall erhältlichen Vakuumpacks haben einen erstaunlich geringen Ausschuss und schmecken durchaus passabel. Wenn das Gemüse noch sanft bissfest ist, gesellen sich die Muscheln in den Topf. Für eine ordentliche Portion Muscheln darf man gerne 1 kg Muscheln pro Person kalkulieren.

Muscheln und Gemüse habe ich mit ½ Liter Weißwein aufgegossen, mit 10 Pfefferkörnern, 2 Lorbeerblättern und 1 handvoll Schnittlauch gewürzt und den Topf gedeckelt. Bei maximaler Temperatur, die ich ein wenig gedrosselt hatte, nachdem der Weinsud kochte, habe ich noch ca. 10 Minuten Zeit gehabt, meine Begleitbrote zu schmieren. In Köln lasse ich ja nichts auf Zimmermanns Schwarzbrot kommen, das für mich den geradezu perfekten Begleiter zu Miesmuscheln darstellt. Aber in der Diaspora muss ich dann auch mal zu Pumpernickel greifen (auch, wenn man bei Zimmermanns das Brot mittlerweile auch online ordern kann). Die Brotscheiben schmiere ich sehr ordentlich mit Salzbutter, pfeffere sie ein wenig aus der Mühle, bestreue sie mit reichlich Schnittlauch und schneide sie in schmale Streifen. Die Muscheln habe ich dann mit einer Schaumkelle auf die Muscheltöpfe verteilt und zum Schluß den Sud ebenfalls paritätisch hinterhergeschüttet.



Nachdem man nun mithilfe einer leeren Muscheldoppelschale als Zange alle Muscheln geleert hat, kommt nämlich noch ein besonderes Highlight dieses Gerichts: die Suppe danach. Und wenn man dann satt den Löffel sinken lässt, durchströmt den Körper wohlige Wärme und die Gewissheit, dass der November (sowie alle anderen Monate mit „r“) so genossen auch seine schönen Seiten haben kann.

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Datum: Sonntag, 21. November 2010 22:34
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Ein Kommentar

  1. 1

    […] zählen. Bisher habe ich, wenn es denn mal Muscheln am bayerischen Untermain gab, diese immer nach alter Brauväter Sitte zubereitet. Nun war aber mal was Neues dran; ich lebe zwar (aus kölscher Sicht) eher in der […]